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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.05.2005
Aktenzeichen: 5 U 172/04
Rechtsgebiete: NKV
Vorschriften:
NKV § 6 Abs. 1 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 5 U 172/04
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase, die Richterin am Kammergericht Dr. Kasprik-Teperoglou und den Richter am Kammergericht Dr. Pahl am 20. Mai 2005
beschlossen:
Tenor:
1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10. August 2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin - 102 O 169/04 - wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Antragsteller 1/25 und die Antragsgegnerin 24/25 zu tragen.
3. Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 35.200,00 Euro.
Gründe:
A.
Die in Luxemburg ansässige Antragsgegnerin warb in einer Zeitschrift vom 26. Juni 2004 für Produkte einer "Gnn -Diät Formel" (nach der Produktaufmachung ein "diätetisches Getränkepulver mit Süssungsmitteln zur Verwendung als Mahlzeitenersatz für eine gewichtskontrollierte Ernährung") mit verschiedenen Aussagen insbesondere über schlankmachende Wirkungen.
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "Gnn -Diät Formel Diätetisches Getränkepulver" wie folgt zu werben:
1. "Gnn -Diät, der schnelle Weg zur Traumfigur",
2. "Jahrelang haben Ernährungsforscher nach ihr gesucht, jetzt ist sie da: die erste Diät, die wirklich schlank und glücklich macht",
3. "Schlank bis zum Sommer",
4. "Schlankprogramm",
5. "Klug abnehmen",
6. "Ausgesuchte, natürliche Zutaten garantieren, dass die Pfunde in Rekordzeit purzeln - und sorgen dafür gleichzeitig für gute Laune",
7. "Die meisten Diäten machen einfach keinen Spass. Doch bei Gnn -Diät ist das ganz anders",
8. "Einfach zwei Esslöffel in ein Glas Sojamilch einrühren, genießen und abnehmen",
9. "Toller Nebeneffekt: Die einzigartige Kombination von Nährstoffen steigert die Vitalität und Leistungskraft.
Das Immunsystem wird gestärkt",
10. "Fettpolster verschwinden, die gute Laune bleibt",
1. "Die ideale Schlankmahlzeit
Mit jedem Glas purzeln die Pfunde und die Stimmung steigt",
12. "Sie bleiben Fit - und nehmen ab. Tag für Tag",
13. "Mit Angaben über die erforderliche Zeit und/oder über die Höhe einer Gewichtsreduzierung, insbesondere zu werben:
13.1. "Anwender-Tests zeigen: Mit der neuen Gnn -Schlankformel kann man bis zu 5 Pfund in nur zwei Tagen abnehmen. Und das ohne Hunger und gut gelaunt."
13.2. "5 Pfund weg in zwei Tagen".
13.3. "Wie gut die neue Gnn -Diät Formel anschlägt zeigt ein Praxis-Test mit 1000 Frauen und Männern. Alle Teilnehmer - darunter auch Diabetiker - hatten schon nach zwei Tagen deutlich an Gewicht verloren. Das sensationelle Ergebnis:
Frauen wogen im Durchschnitt 4,5, Männer 5 Pfund weniger".
14. Mit Angaben über eine Beeinflussung des Hungergefühls und/oder mit Angaben über ein verstärktes Sättigungsgefühl, insbesondere zu werben:
14.1. "Ihr Erfolgsgeheimnis: Nur bestimmte Nahrungsmittel sind in der Lage, den Insulinspiegel konstant so niedrig zu halten, dass Heißhunger-Attacken gar nicht erst auftreten. Eine erfolgreiche Diät muss deshalb genau auf die Glyx-Formel abgestimmt sein...",
14.2. "Die neue Gnn -Diät... ist so zusammengesetzt, dass es praktisch kein Insulin anlockt. Das verhindert nachweislich Heißhunger-Attacken und trägt dazu bei, dass man satt und glücklich ist",
14.3. "Ohne Heißhunger",
14.4. "...die neue Formel... ein Spezial-Mix, der die Insulinausschüttung verlangsamt.
Und das hält lange satt, macht schlank und gut gelaunt",
15. Für "Gnn -Kapseln mit Kreatin zu werben:
"Zusätzlich gibt es Gnn in Kapseln mit Kreatin, dem Muskelstraffer Nr. 1".
B.
Nachdem der Antragsteller seinen Verfügungsantrag betr. Ziffer 5 ("Klug abnehmen") zurückgenommen hat, ist die Berufung der Antragsgegnerin aus den weiterhin zutreffenden Gründen der Verfügung vom 04. April 2005 zurückzuweisen.
I.
Die Klagebefugnis des Antragstellers hat der Senat - ebenso wie der BGH - in ständiger Rechtsprechung bejaht.
Die Einwendungen der Antragsgegnerin zur Höhe des Prozesskostenfonds geben keinen Anlass, davon abzuweichen.
Das "Gesamt- Prozesskostenrisiko" beinhaltet die Kosten aller Instanzen sowohl für ein Verfügungs- als auch ein Hauptsacheverfahren. Selbst bei einer "Misserfolgsquote" von etwa 5 bis 6 Prozent in den Hauptsacheverfahren wird davon nur ein Bruchteil ausgeschöpft, denn es ist nicht erkennbar, das die von der Antragsgegnerin angeführten Klagerücknahmen jeweils erst nach Ausschöpfung aller Rechtszüge erfolgt wären. Die Kosten der Ordnungsgeldverfahren, Vertragsstrafenverfahren und Verfügungsverfahren (ohne nachfolgendem Hauptsacheverfahren) fallen daneben nicht erheblich ins Gewicht. Der Antragsteller ist bisher über viele Jahre beanstandungslos seinen finanziellen Verpflichtungen nachgekommen. Das Verhältnis zwischen der Höhe des Prozesskostenfonds und dem Gesamt- Prozesskostenrisiko ist sogar ab 1995 deutlich günstiger geworden. Der Vortrag des Antragstellers zu seiner Klagebefugnis kann schon deshalb nicht verspätet sein, weil diese Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist.
II.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht bzgl. der Werbeaussagen Ziff. 1, 2,4,6,8,10,11 und 12 (des Tenors) einen Verstoß nach § 6 Abs. 1, S. 1 NKV i.V.m. § 1 UWG a.F. bzw. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG n.F. bejaht, weil sie im Zusammenhang mit der allein streitgegenständlichen Aufmachung des beworbenen Produktes (Anlage A 5) eine konkrete Irreführungsgefahr begründen.
1.
Die oben in Bezug genommenen Werbeaussagen deuten darauf hin, dass das von der Antragsgegnerin vertriebene Lebensmittel schlank machende Eigenschaften besitzt, § 6 Abs. 1 S. 1 NKV. Dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
2.
Die Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 1 S. 2 NKV greift vorliegend nicht ein.
a)
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Lebensmittel im Sinne des § 14a DiätV handelt, das zur Verwendung als Tagesration bestimmt ist, §§ 1 Abs. 4, 21a Abs. 1 DiätV.
aa)
Die Antragsgegnerin hatte ihr Produkt nur als Mahlzeitenersatz im Sinne der §§ 1 Abs. 4, 21a Abs. 2 DiätV gekennzeichnet. Dies zwingt zwar noch nicht dazu, eine Verwendbarkeit als Tagesration zu verneinen. Denn maßgeblich soll die objektive Eignung sein (vgl. Senat, WRP 1991, 722, 724; OLG Hamburg, LRE 43, 264, 266). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Unterlassungsantrag nicht maßgeblich auch auf die Kennzeichnung des Produkts abstellt.
Aus der Kennzeichnung als Mahlzeitenersatz folgt aber ein erhebliches Indiz, denn ohne weiteres wird ein Unternehmer nicht auf einen weitergehenden Einsatzzweck verzichten wollen.
bb)
Diese Zweifel werden verstärkt, weil den Angaben auf dem Produkt nicht zu entnehmen war, wieviele Portionen den gesamten Tagesbedarf abdecken sollten. Die einzelnen Angaben zu den Inhaltsstoffen und deren Anteil am Tagesbedarf lassen allenfalls erahnen, dass drei bis fünf Portionen einen Tagesbedarf insgesamt decken könnten.
cc)
Wenn die Antragsgegnerin selbst - zutreffend - auf die Anlage 17 zu §§ 14a Abs. 2, 21a Abs. 2 Nr. 2, 21a Abs. 6 Nr. 1 DiätV verweist, dann entspricht ihr Produkt schon nicht den Anforderungen der Ziff. 4 dieser Anlage. Denn eine Tagesration ihres Produktes enthält 31 Gramm Ballaststoffe (5 Mahlzeiten x 6,2 Gramm), obwohl höchstens 30 Gramm enthalten sein dürfen. Angaben zur Linolsäure (Ziff. 3.2 der Anlage) fehlen (die Angaben zu "Essentiellen Fettsäuren" sind ohne Differenzierung).
dd)
Im Übrigen ist ein Produkt als Ersatz einer Tagesration gem. § 14a Abs. 3 DiätV nur zulässig, wenn es in einer alle Bestandteile enthaltenen Fertigpackung in den Verkehr gebracht wird. Dies umfasst jedenfalls alle wesentlichen Bestandteile, die in der Anlage 17 aufgeführt sind. Ausgenommen ist nur Wasser, wenn es nach den Anweisungen des Herstellers notwendig ist, um das Produkt gebrauchsfertig zu machen (Zipfel/Radtke, Lebensmittelrecht, DiätV, § 14a Rdn. 2, 24). Vorliegend ist das Pulverprodukt der Antragsgegnerin nach den Herstellerangaben mit 250 ml Sojamilch anzurühren. Diese Sojamilch wirkt sich jedenfalls auf den Fett- (2,2 %) und den Ballastgehalt des trinkfertigen Endproduktes aus.
b)
Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 S. 2 NKV unterscheiden eindeutig zwischen Produkten zum Ersatz einer (gesamten) Tagesration einerseits und Produkten zum Ersatz nur einzelner Mahlzeiten andererseits. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Verminderung des Körpergewichts nur durch eine Beschränkung der gesamten täglichen Energiezufuhr im Rahmen eines entsprechenden Kostplanes zu erreichen ist. Der Erfolg einer gewichtskontrollierten Ernährung setze stets die Überwachung der täglichen Energieaufnahme voraus, was ausnahmsweise bei standardisierten Tagesrationen im Sinne von § 14a DiätV gewährleistet sei (vgl. Amtliche Begründung, bei Zipfel/Radtke, a.a.O., NKV § 6 Rdn. 1). Die sogenannte Schlankheitswerbung ist daher nur für die sogenannten kalorisch standardisierten Tagesrationen zugelassen, nicht für bloße (kalorienverminderte) Mahlzeitenersatzprodukte (OLG Karlsruhe, LRE 26, 363, 365; OLG Hamburg, LRE 43, 264, 266; Zipfel/Radtke, a.a.O., NKV § 6 Rdn. 5; Horst, ZLR 1989, 1, 6). Beide Produkte sind auch in ihrer Kennzeichnung deutlich zu unterscheiden (vgl. § 21a Abs. 1 und Abs. 2 DiätV).
c)
Denkbar ist eine Ausnahme von diesem allgemeinen Verbot, wenn die einzelne Ersatzmahlzeit im Rahmen eines geeigneten Gesamt-Kostplans eingesetzt und dies hinreichend deutlich gemacht wird. Nach der Art der Beschreibung dürfen beim Verbraucher dabei keine berechtigten Zweifel darüber bestehen bleiben, dass nicht das betreffende Lebensmittel, sondern die Einhaltung dieses Kostplanes zu den beworbenen Wirkungen führt (Senat, LRE 24, 66, 69; OLG Hamburg, ZLR 1987, 57, 59; OLG Frankfurt/Main, LRE 23, 43, 45). Dabei ist es erforderlich, dass sich aus dem Verzehrplan für den jeweiligen Tag sämtliche für diesen Tag empfohlenen Lebensmittel ergeben (so generell für Ersatzmahlzeiten im Rahmen der Tagesration im Sinne des § 1 Abs. 4 DiätV: Zipfel/Radtke, a.a.O., DiätV § 1 Rdn. 78). § 21a Abs. 6 Ziff. 2 DiätV lässt an sich einen allgemeinen Hinweis auf andere Lebensmittel im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung für die Verkehrsfähigkeit - ungeachtet der jeweiligen Werbeaussagen - ausreichen (Zipfel/Radtke, a.a.O., DiätV § 21a Rdn. 18).
Vorliegend fehlte es hinsichtlich der streitgegeständlichen Produktaufmachung nicht nur an einem solchen Gesamt- Kostplan. Die oben erwähnten Werbeangaben beziehen die propagierten schlank machenden Wirkungen allein auf den Verzehr des beworbenen Produkts, nicht aber auf einen einzuhaltenden Gesamt-Kostplan einer kalorienarmen Ernährung.
d)
Allerdings darf auch ein abstrakter Irreführungstatbestand wie § 6 Abs. 1 NKV nicht die Angabe einer zutreffenden Gebrauchsbestimmung des Lebensmittels untersagen und so die Verkehrsfähigkeit des Produktes unzulässig einschränken. Dies gilt insbesondere auch für die - vorliegend berührte - Warenverkehrsfreiheit innerhalb der EG (EUGH, LRE 49, 30, 40f - Egberts gegen Westrom Pharma; Oelrichs, ZLR 2005, 23, 28; Fezer/Meyer, UWG, 44-54 Rdn. 290; vgl. auch schon BGH, WRP 2002, 1267- Bodensee-Tafelwasser).
aa)
Die hier vorliegende Gruppe von diätätischen Lebensmitteln ist gem. Art. I Abs. 2, lit. b, ii der Richtlinie für Lebensmittel zur besonderen Ernährung (RL 89/398/EWG) bestimmt zu einer "kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe" für bestimmte Gruppen von Personen (hier Übergewichtige). Art. 4 dieser Richtlinie nimmt auf die Anlage I Bezug, die in Ziff. 3 von "Lebensmittel für eine kalorienarme Ernährung zur Gewichtsüberwachung" spricht. Wenn gem. Art. 7 Abs. 2 S. 1 dieser Richtlinie zu der Bezeichnung, unter der ein Erzeugnis verkauft wird, die Angabe seiner besonderen nutritiven Eigenschaft hinzuzufügen ist (bei Produkten für Übergewichtige im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. b, ii) und nicht die Angabe des Zweckes selbst (nur geboten für andere Produkte, Art. 7 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie), dann besteht diese besondere nutritive Eigenschaft hier in der "Kalorienarmut" des Produktes. Der "Zweck" im Sinne einer Gebrauchsbestimmung wäre zu dem nur die "Gewichtsüberwachung".
bb)
Die als ausfüllende Einzelrichtlinie zur oben genannten Richtlinie 89/398/EWG ergangene Richtlinie für kalorienarme Lebensmittel (RL 96/8/EG) entfernt sich allerdings von dem Begriff einer "Gewichtsüberwachung" und spricht ausdrücklich von "Lebensmitteln, die für eine besondere kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung bestimmt sind und als solche angeboten werden", Art. 1 Abs. 1. Auch Ersatzmahlzeiten im Rahmen der Tagesration zählen zu derartigen Lebensmitteln, Art. 1 Abs. 2 lit. b dieser Richtlinie.
aaa)
Grundsätzlich dürfen daher auch sie als Lebensmittel zur Gewichtsreduzierung "angeboten" werden. Die Bezeichnung, unter der das Erzeugnis zum Kauf angeboten werden darf, lautet aber gem. Art. 5 Abs. 1 lit. b dieser Richtlinie nur : "Mahlzeit für eine gewichtskontrollierende Ernährung". Damit kehrt diese Richtlinie zum Sprachgebrauch der ihr zugrunde liegenden RL 89/398/EWG zurück.
bbb)
Art. 5 Abs. 3 der RL 96/8/EG (entsprechend umgesetzt in § 21 a Abs. 7 Nr. 1, 2 DiätV) verbietet allerdings eine Werbung für Tagesrationen und Ersatzmahlzeiten im Rahmen der Tagesration unter anderem mit "Angaben über das Zeitmaß bzw. die Höhe der aufgrund ihrer Verwendung möglichen Gewichtsabnahme". Dies legt die Annahme nahe, dass grundsätzlich auch für die oben genannten Ersatzmahlzeiten mit Angaben allein zu einer möglichen Gewichtsabnahme geworben werden darf. Insoweit fehlt es aber an einer ausdrücklichen und abschließenden Regelung in der RL 96/8/EG. Anwendbar bleibt daher die allgemeine Lebensmittelkennzeichnungsrichtlinie (aktuell: RL 2000/13/EG - vgl. Erwägungsgründe zur RL 96/8/EG bezogen auf die damalige RL 79/112/EWG) und das dort normierte Irreführungs- und Täuschungsverbot aus Art. 2 Abs. 1 lit. a, ii, Abs. 3 lit. b bzgl. Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt (vgl. auch OLG Hamburg, LRE 45, 155, 156), sowie das allgemeine lebensmittelrechtlicheTäuschungsverbot bei der Werbung für Lebensmittel. § 6 Abs. 1 NKV (mit seinem abstrakten Gefährdungstatbestand) ist im Hinblick auf das in Art. 2 Abs. 1a der RL 2000/13/EG enthaltene konkrete Irreführungsverbot (Etikettierung und Aufmachung des Produkts) und bezüglich einer Werbung im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28, 30 EG im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass eine konkrete Gefahr einer Irreführung bestehen muss (vgl. EUGH, a.a.O.; vgl. auch BGH, a.a.O.). Da die einzelne Ersatzmahlzeit - auch im Rahmen der Tagesration - für sich genommen keine Gewichtsreduzierung bewirken kann, sondern erst die Einhaltung der Tagesration insgesamt die Möglichkeit einer Gewichtsabnahme eröffnet, darf in der Werbung eine gewichtsverringernde Wirkung nicht allein auf den Verzehr der einzelnen Ersatzmahlzeit (en) bezogen werden, sondern nur auf die Einhaltung der Tagesration insgesamt. Angesichts der Unwägbarkeiten bei einem zusätzlichen Verzehr weiterer Lebensmittel darf die Werbung auch keinen sicheren Erfolg suggerieren, sondern nur die Möglichkeit einer Gewichtsreduzierung aufzeigen. Denn schon die dem Verbraucher überlassene freie Auswahl "kalorienreduzierter" Nahrungsmittel lässt erhebliche Risiken aus Fehlgriffen sowohl zur Art als auch zum Umfang dieser Nahrungsmittel bestehen. Dies muss jedenfalls gelten, solange ein konkreter Gesamt-Kostpan unter Angabe aller zu verzehrenden Nahrungsmittel fehlt.
ccc)
Vorliegend deutet die Werbung für das Produkt (in seiner streitgegenständlichen Aufmachung als eine Ersatzmahlzeit) zwar an, dass die gewichtsverringernde Wirkung nicht allein aus dem Verzehr des Produktes folgt, sondern aus seiner Verbindung mit hinzuzufügender Sojamilch. Schon die Notwendigkeit der Vermischung mit Sojamilch wird aber nicht deutlich hervorgehoben. Darüber hinaus bezieht diese Werbung die gewichtsreduzierende Wirkung allein auf die einzelnen Mahlzeiten. Es fehlt jeder Hinweis auf die zugleich notwendige Einhaltung der Tagesration insgesamt. Nicht einmal auf der Produktverpackung war - wie erörtert - die genaue Tagesration erkennbar. Deshalb suggerieren die oben genannten Werbeangaben auch unzulässig einen sicheren Erfolg und zeigen nicht nur die Möglichkeit einer Gewichtsabnahme auf (etwa im Sinne eines Beitrags zum Schlankwerden). Auf Letzteres hat sich die streitgegenständliche Werbung gerade nicht beschränkt.
Unter diesen Umständen kann sich die Antragsgegnerin auch unter dem EG-rechtlichen Gesichtspunkt einer gebotenen - einschränkenden - Auslegung des § 6 Abs. 1 S. 1 NKV nicht darauf berufen, sie dürfe mit einer zutreffenden Gebrauchsbestimmung werben. Denn jedenfalls unter den gegebenen Umständen bleiben ihre Werbeaussagen zur gewichtsverringernden Wirkung konkret irreführend. Ob und in wie weit Entsprechendes für das Produkt der Antragsgegnerin in der - behaupteten - neuen Aufmachung gilt, ist vorliegend nicht zu entscheiden.
3.
Diese Irreführung ist nicht nur unerheblich im Sinne des § 3 UWG n.F.. Denn auch der verständige und durchschnittlich informierte Verbraucher ist bei Problemen mit Übergewicht leicht geneigt, Anpreisungen Glauben zu schenken, wenn ihm nicht die Konsequenzen vollständig aufgezeigt werden. Zudem erreichen ihn immer wieder Meldungen über - angebliche - Wunderpillen mit fettreduzierender Wirkung, so dass er nicht von vornherein ausschließen muss, dass schon die Einnahme des Produktes für sich eine Gewichtsverringerung bewirken kann.
4.
Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Erklärung vom 13. Juli 2004 einzelne Satzbestandteile zu Ziff. 2 und 6 zu unterlassen versprochen hat, lässt dies die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Denn ihre Darstellung des zu Unterlassenden zerreißt den Gesamtzusammenhang und birgt unzulässige Unklarheiten, wenn sie diese Passagen ausdrücklich als "Kern" der Unterlassungserklärung bezeichnet. Tatsächlich wird damit nur die identische konkrete Verletzungshandlung dargestellt, nicht aber der - im Rahmen des Charakteristischen - darüber hinausreichende Kern des Verbotsbereiches (vgl. BGH, WRP 1989, 572, 574 - Bioäquivalenzwerbung; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rdn. 6.4).
III.
Hinsichtlich der Ziff. 3, 7, 9 und 15 hat das Landgericht zutreffend eine Irreführung nach § 17 Nr. 5a LMBG (Ziff. 3, 15 des Tenors) bzw. § 17 Nr. 5 LMBG (Ziff. 7, 9 des Tenors) bejaht. Hierauf wird Bezug genommen. Auch der verständige und durchschnittlich informierte Verbraucher kennt Einzelheiten um die Wirkung von Kreatin nicht. Der Antragsgegnerin ist eine unmissverständliche Werbung ohne weiteres zuzumuten. Im Übrigen ist die Antragsgegnerin den Ausführungen des Landgerichts nicht näher entgegengetreten. Hinsichtlich der Unterlassungserklärung zu Ziff. 3 wird auf die Ausführungen zu oben B. V. Bezug genommen.
IV.
Hinsichtlich der Ziff. 13.1, 13.2 und 13.3 hat das Landgericht zutreffend einen Wegfall der Wiederholungsgefahr aus der Unterlassungserklärung vom 13. Juli 2004 verneint. Hierauf wird Bezug genommen, ebenso auf die Ausführungen oben B. V..
V.
Die Aussagen in den Ziff. 14.1, 14.2, 14.3 und 14.4 hat das Landgericht zutreffend als Verstoß gegen § 21a Abs. 7 S. 1 Nr. 3, S. 2 DiätV gewertet.
1.
Der Wortlaut des § 21a Abs. 7 S. 1 Nr. 3 DiätV setzt (entsprechend Art. 5 Abs. 3 RL 96/8/EG) allein eine Angabe über eine Beeinflussung des Hungergefühls voraus. Wenn das Produkt der Antragsgegnerin "Heißhunger" vermeiden können soll, ist dies zwanglos eine solche Angabe.
2.
Selbst wenn diese Vorschrift dahin verstanden werden sollte, dass nur Angaben über eine Beeinflussung (Verminderung) des "normalen" Hungergefühls verboten seien sollen (entsprechend § 21a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 DiätV zum "verstärkten Sättigungsgefühl"), ändert dies vorliegend nichts. Denn die Antragsgegnerin wirbt auch mit einer solchen Beeinflussung. Ein Trank von knapp 300 ml Flüssigkeit, der wiederholt eine ganze Mahlzeit ersetzen soll, hat normalerweise keine so starke Sättigungswirkung wie eine vollständige Mahlzeit. Gerade auch bei Diäten mit derartigen Getränken sind daher Heißhunger-Attacken nicht ungewöhnlich. Darauf spielt auch die Werbung der Antragsgegnerin an. Ihr Produkt soll aber gezielt auf dieses - an sich normale - Hungergefühl einwirken können, also eine weitergehende hungerbeeinflussende Wirkung haben.
VI.
Die hier grundlegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich - auch EG-rechtlich - geklärt. Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles, § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO.
C.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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